
Als Fotograf stellt man sich regelmäßig die Frage, wie man sich selbst verbessern, weiterentwickeln und seinen fotografischen Horizont erweitern kann. Da jede Menge teures Equipment die Tasche nur schwerer macht und sonst mehr ein Mittel zum Zweck aber absolut keine Garantie für gute Fotos ist, bleibe ich selbst also der Punkt, an dem ich ansetzen muss, um meine fotografischen Ergebnisse immer weiter auszubauen. Und dahilft nur Üben, Ausprobieren, Fehler machen, daraus lernen, noch mehr Ausprobieren und sich auch mal von erfahreneren Fotografen zeigen zu lassen, worauf es wirklich ankommt. Ich habe schon an einigen Fotografie-Workshops teilgenommen, von denen einige nicht viel bewirkt haben und andere mich auf meinem fotografischen Weg schon ein großes Stück vorangebracht haben. Kein Workshop bisher hat meine Sicht auf die Fotografie an sich jedoch so grundlegend verändert und mich zum Nachdenken angeregt wie die Masterclass beim Stilpiraten Steffen Böttcher, die ich vor drei Wochen besucht habe.
Masterclass bedeutet, dass vier lernwillige Fotografen bei Steffen und seiner Frau Christina zu Hause in der Nordheide zwei Tage lang die geballte Ladung fotografischen Input rund um das Thema Portraits mitbekommen. Und zwar jenseits von allem Technik-Gelaber über Kameras und Objektive. Es ging viel mehr um die Frage, wie aus Fotos von Menschen stimmungsvolle Bilder mit einer Portion „Magie“ werden. Knipsen kann jeder, aber Fotografie ist eben viel mehr, als einfach auf den Auslöser zu drücken. Es wurden diverse Bildbände von den großen Meistern der Fotografie zur Rate gezogen, um unser fotografisches Auge zu schulen (ein paar davon liegen schon auf meinem Wohnzimmertisch, immer bereit, um durchgeblättert zu werden ;-)), besonders im Fokus stand die Kommunikation mit dem Menschen vor der Kamera. Steffen hat uns neben jeder Menge praktischer Tipps und persönlichen Erfahrungen auch viele philosophische Gedanken mit auf den Weg gegeben, die teilweise weit über das Fotografische selbst hinausgehen. Ein Zitat, das in diesen beiden Tagen häufiger fiel und das den Kern des Ganzen sehr gut trifft, stammt aus dem kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry:
„Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
Ich mag den Gedanken in diesem Zusammenhang wirklich sehr. Um die fotografischen Grundregeln, mit denen Steffen uns versorgt hat, direkt umsetzen zu können und unseren Herzen das Sehen beizubringen, waren am ersten Tag Frida und Claude als Models da und am zweiten Tag standen Katharina und Steffen selbst vor unseren Kameras. Mit Motiven waren wir also super versorgt, nun lag es an uns, das Beste raus zu holen…
Steffen schafft es, einen trotz direkter und schonungslos offener Kritik an allem, was ihm nicht gefällt (anders lernt man es schließlich nicht), zu motivieren und herauszufordern, da alles auf sehr ehrliche und empathische Weise geschieht. Ein persönlicheres Feedback zu meinen fotografischen Stärken und Schwächen habe ich bisher noch nirgendwo bekommen. Vielen Dank dafür! Generell war dieses Wochenende sehr persönlich, wir wurden als Gäste im Hause Böttcher empfangen und von Christina permanent mit selbstgekochtem Essen, Kuchen und sogar handgemachten Pralinen versorgt. Eine Atmosphäre zum Wohlfühlen.
Was habe ich jetzt an diesen beiden Tagen gelernt? Definitiv mehr, als ich hier in Worte fassen kann. Zu erwähnen sind aber noch folgende Erkenntnisse: Die Fotografie ist ein Muskel, der trainiert werden will (hatte ich schon erwähnt, dass man einfach mehr ausprobieren muss, um sich weiterzuentwickeln?) und man bekommt von seinem Gegenüber immer das, was man gibt.
Dieser Workshop hat mir auf jeden Fall bestätigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin, was natürlich nicht bedeutet, dass ich nicht noch einige Nüsse mit auf dem Weg bekommen habe, die ich jetzt zu knacken habe. Auch nachdem ich jetzt schon drei Wochen Zeit hatte, über meine Nüsse nachzudenken und mich auf den Weg zu neuen Zielen mache, bin ich fest entschlossen, jede einzelne davon zu knacken und anschließend genüsslich zu verspeisen ;-) Denn, und das habe ich direkt Samstag Morgen gelernt, Zufriedenheit ist der skurrile Ruf des Mittelmaßes… In diesem Sinne: Vielen Dank für dieses überaus lehrreiche und tolle Wochenende, ich hoffe wir sehen uns eines Tages wieder.