
Vietnam auf weniger ausgetrampelten Pfaden zu bereisen, das war unser Plan. Daher haben wir uns für die nächste Etappe ein Auto mit Fahrer gemietet, der uns in fünf Tagen vom Norden des Landes bis über den Wolkenpass nach Zentralvietnam fährt. Durch Regionen, in die sich kaum Touristen verirren und in denen man als Europäer noch erstaunt angeschaut wird.
Die Provinz Phat Diem
Start ist die Provinz Phat Diem, die unübersehbar katholisch geprägt ist. In jedem Dorf stehen schon von weitem sichtbar mindestens ein bis zwei Kirchen und außen herum die passenden Handwerksbetriebe, die Innenausstattungen dafür herstellen. Am Baustil der Kirchen kann man gut sehen, dass Vietnam mal französische Provinz war, die ein oder andere Kirche erinnert schon deutlich an Notre Dame. Aber die einzige Kirche, die uns wirklich gut gefällt, ist die Kathedrale in der gleichnamigen Hauptstadt, die im Stil einheimischer Pagoden errichtet wurde. Die gesamte Stadt Phat Diem, die von unzähligen Kanälen durchzogen ist, gefällt mir von der Stimmung her unheimlich gut. Es ist dort nicht so trubelig wie in den größeren Städten und die Menschen reagieren wirklich sehr herzlich auf uns Euopäer. Sie lächeln, wenn man vorbei geht und die Kinder winken, weil sie kaum Langnasen zu Gesicht bekommen und das irgendwie spannend finden. Und wenn man es abends mit Händen und Füßen geschafft hat, eine Nudelsuppe zu bestellen (außerhalb der großen Städte spricht so gut wie niemand Englisch) und sich der Besitzer der Garküche riesig freut, dass wir uns genau auf seinen Miniplastikstühlchen niedergelassen haben, dann weiß ich wieder, dass es die richtige Entscheidung war, viele Kilometer durch die Pampa zu fahren.
Dong Hoi und der Phong Nha – Ke Bang Nationalpark
Die nächste Station ist die Stadt Dong Hoi, in deren Nähe es einen großen und landschaftlich wunderschönen Nationalpark gibt. Er beherbergt einige der weltweit größten Tropfsteinhölen, von denen einige erst vor ein paar Jahren entdeckt wurden. Wir besichtigen nur eine Höhle, die Paradise Cave, die mitten im Dschungel oben in einem Berg liegt. Die Ausmaße der Höhle sind wirklich beeindruckend und die Tour dorthin hätte sich schon alleine für die Hin- und Rückfahrt durch die wilde Berglandschaft und über Teile des legendären Ho-Chi-Minh-Pfades (mehr dazu weiter unten) definitiv gelohnt! Dong Hoi selbst bietet außer einer netten Uferpromenade entlang einer Flussmündung keine besonderen Highlights.
Vinh Moc und der Ho-Chi-Minh-Pfad
Am nächsten Tag besichtigen wir vormittags die Tunnelanlage von Vinh Moc, deren weit verzweigtes Sytem von Höhlen und Tunneln während des Vietnamkrieges Schutz und Unterkunft für ein ganzes Dorf bot. Ich finde es extrem beklemmend, gebückt durch die schmalen und niedrigen Tunnel zu laufen, vor allem wenn man bedenkt, dass Menschen dort mehrere Jahre gelebt haben. Ich muss gestehen, dass mir da auch nicht so richtig nach Fotografieren zu Mute ist, daher gibt es kaum Bilder von dort. Wenn man bedenkt, wie viel Kraft und Überlebenswillen man braucht, um unter den Umständen während des Krieges eine solche Anlage zu bauen, beginnt man zu verstehen, warum die militärisch meilenweit unterlegenen Vietnamesen es doch irgendwie geschafft haben, den Krieg gegen die Amerikaner zu gewinnen. Das gleiche gilt für den Ho-Chi-Minh-Pfad, der über viele Kilometer entlang der laotischen Grenze durch unwegsame, steile Bergregionen führt und im Krieg den Haupttransportweg für Waffen vom Norden in den Süden darstellte.
Wir fahren den Pfad, der mittlerweile allerdings eine gut ausgebaute Straße ist, ein Stück entlang. Hier gibt es einige kleine Dörfer, die komplett aus einfachsten Holzhütten bestehen und in die sich kaum ein Tourist verirrt. Dementsprechend neugierig fällt auch die Reaktion der Dorfbewohner aus, wenn wir das Auto mal verlassen. Auch wenn wir im Nachhinein gerne etwas mehr Zeit für die wunderschöne, unberührte Strecke entlang von Flusstälern gehabt hätten, genießen wir den schönen Nachmittag, bis uns abends in Hue, der alten Kaiserstadt direkt nördlich des Wolkenpasses, die Zivilisation wieder einholt.
Von Hue über den Wolkenpass nach Da Nang
Von Hue sehen wir abends nur das aus zahlreichen Hotels, Bars und Restaurants bestehende Backpackerviertel, in dem wir von allen Seiten angequatsch werden, um uns irgendwas zu verkaufen (Massagen, Marihuana, Essen…) und das uns nach den ruhigen Tagen in der Provinz total nervt. Am nächsten Morgen schauen wir uns eines der zahlreichen Königsgräber, die es in der Region gibt, an (ich hab leider vergessen, wie der dort begrabene König hieß) und treten danach die Fahrt über den Wolkenpass an. Der Pass bildet die natürliche Wetterscheide zwsichen Nord- und Südvietnam und ist, wie der Name schon sagt, oft wolkenverhangen. Wir haben aber Glück, denn an dem Tag sind keine Wolken da und freuen uns über die Aussicht, die sich mit jeder neuen Kurve aus dem Auto bietet.
In Da Nang, der aufstrebenden Küstenmetropole auf der anderen Seite des Wolkenpasses, machen wir nur einen kurzen Zwischenstopp. Denn unser eigentliches Ziel ist das kleine Örtchen Hoi An direkt südlich davon, in dem wir nach der spannenden, ereignisreichen und super schönen, aber am Ende doch auch etwas anstrengenden Tour durch das halbe Land mal ein paar Tage ausspannen möchten.